Montag, Oktober 14, 2024
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Land des Lächelns

Kambodscha öffnet sich dem Tourismus und Luxuskreuzfahrten auf dem Mekong erinnern an die koloniale Pracht Indochinas

Thomas Peter fasste sich ein Herz. Der Schweizer Unternehmer hat der IT Branche adieu gesagt und sich einen Lebenstraum erfüllt. Über Wassersportabenteuer suchte er den Ausstieg, ist durch die Welt gereist, um Neues zu wagen und hat am Mekong seine neue Heimat gefunden. Der Fluss als Vater aller Flüsse, wie ihn die Asiaten nennen, ist die zentrale Lebensader und heute wichtigster Gästemagnet Kambodschas. Kreuzfahrten zwischen Saigon im vietnamesischen Mündungsdelta und Seam Reap mit dem Weltkulturerbe der Tempelstadt Angkor Wat im Norden Kambodschas, haben dem armen Land im letzen Jahr trotz der Wirtschaftskrise die weltweit stärksten Wachstumsimpulse aller Reisemärkte beschert. Kambodscha boomt. IMG_3286klein.jpg

Da die touristische Ampel erst vor wenigen Jahren auf die Farbe grün umgesprungen ist, steht Vieles noch am Anfang. Die Infrastruktur für Reisen befindet sich bislang im Aufbau und Massentourismus ist dem Mekong zum Glück noch fremd. Damit dies so bleibt, verfolgt Thomas Peter eine ähnliche Strategie wie beispielsweise die Länder Bhutan oder Botswana. „Gerade wenn die Destination nun berühmt wird sehe ich die Gefahr, dass die Touristen durch ihren Besuch genau das zerstören, was sie vorzufinden wünschen“ so der Schweizer. Durch hochwertige Produkte im Luxussegment soll ein Standard gesetzt werden, der eine nachhaltige Entwicklung in der Philosophie eines sanften Tourismus ermöglicht und eine zu starke Kommerzialisierung verhindert. Schiffklein.jpgEr investierte 2009 sein Hab und Gut in den Bau des Flussschiffes MS Jayavarman Mekong Explorer im französischen Art-Déco Kolonialstil der 30er Jahre und bereist seit diesem Jahr als erstes Fünf-Sterne Schiff den südlichen Mekong. Zürück in die Zukunft könnte die Devise lauten und in der Tat hat das Retro-Design des Dampfers etwas Operettenhaftes. Der französische Stil der ehemaligen Kolonie Indochina ist bis heute in der Region allgegenwärtig und reicht von kolonialer Architekturpracht bis hin zum Baguette Brot auf den umtriebigen Märkten. Der Name des Schiffes dagegen lehnt sich an den legendären König Jayavarman VII an, der im zwölften Jahrhundert einen Großteil der Tempelanlagen in Angkor Wat errichtete und es ebenfalls gerne imposant mochte.

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Urvertrauen garantiert Gefühlsansteckung

Der Weg ab Saigon in Vietnam führt vorbei an den vielen schwimmenden Holzhäusern, die in Vietnam zu den traditionellen Unterkünften gehören. In Saigon ist das Park Hyatt im französischen Kolonialstil direkt vis-à-vis der alten Oper das Hotel der Wahl. Sicher das beste Haus am Platz. Ein Besuch der treibenden Märkte mit hunderten von Händlern in ihren kleinen Holzbooten gehört in Vietnam zum Alltag der Menschen am Fluss, zählt aber für die Gäste der Jayavarman zu einem ersten Reisehöhepunkt. In Sadec steht das Haus von Marguérite Duras auf dem Programm. Die französische Autorin wohnte in den späten 20er Jahren hier. Ihre unglückliche Teenager Liebe vor Ort verarbeitete sie später autobiografisch zu Weltliteratur. IMG_3941klein.jpgDas alte Haus ihrer Familie beherbergte bis vor kurzem eine Polizeistation, heute fühlt sich dort das Fremdenverkehrsamt der Stadt zu Hause. Sieben Tage braucht das Schiff bis hinauf nach Seam Reap; vorbei an unendlich weiten Reisfeldern wird nach bereits zwei Tagen die Grenze zu Kambodscha erreicht. Hier, auf der Fahrt durch den Dschungel des Königreichs, warten die eindringlichsten und glücklichsten Momente der Reise.

Die Offenherzigkeit und Freundlichkeit der Menschen einer weitgehend touristisch noch unberührten Region wirken in ihrer Unmittelbarkeit elementar. IMG_4047klein.jpgDas unendliche Leid des Landes mit seinem Bürgerkrieg in den zentralen Jahren 1975-1979 der Pol Pot Tyrannei und einem Genozid, der an die drei Millionen Menschenleben kostete sowie über ein Drittel der lokalen Khmer Kultur auslöschte, lässt eine solche Herzlichkeit dem Fremden gegenüber nicht als selbstverständlich erscheinen. Die safranfarbenen Gewänder der meist jugendlichen Mönche dominieren das Bild der Städte. In Phnom Penh werden die großen Gegensätze Kambodschas an einem Programmtag komprimiert erlebbar. Dem Glanz und Gloria des Königspalastes stehen das Terrormuseum im ehemaligen Foltergefängnis Tuol Sleng und der Besuch der Exekutionsanlage The Killmg Fileds vor den Toren der Stadt gegenüber. RGAL0S_c_1.jpgErschütternde Momente, deren Erinnerungen weit über den Tag hinausreichen. Zurück an Deck des Schiffes diskutieren die Reisenden aus aller Welt noch lange, nachdem die bunten Lichter der Flusspromenade der Hauptstadt am Horizont bereits erloschen sind, über Ernsthaftigkeit, Fleiss und Zugänglichkeit der jungen Crew an Bord, die einen Großteil ihrer eigenen Familie in jenen Jahren verloren hat und bewusst zu gleichen Teilen aus Vietnamesen und Kambodschanern zusammengesetzt ist. Ein Besuch in einem Waisenhaus im Dschungel zeigt die schwierige Entwicklung eines Landes, dem kaum Lehrer zur Verfügung stehen, da die intellektuelle Elite vernichtet wurde und somit bis heute keine Schulpflicht herrschen kann.

Unsichere Perspektiven für einen sanften Tourismus

 

sara_swim_alcove2_hpklein.jpgWeiter flussaufwärts verdichtet sich der Dschungel und die Fahrt durch kleine Kanäle in Richtung des Tonle Sap Sees bietet auf Exkursionen diverse Kontakte mit der ländlichen Bevölkerung, die aktuell 83% des Staates ausmacht und deren durchschnittliches Monatseinkommen bei ca. 40 Euro liegt. Die geduldigen und neugierigen Menschen Kambodschas faszinieren in ihrem Urvertrauen und lassen einen nicht mehr los. Mit dem Überqueren des größten Sees des Landes endet die Fahrt vor den Toren von Seam Reap. Das individuell organisierte Nachprogramm stellt die historischen Tempel von Angkor Wat an den Schlusspunkt einer erlebnisreichen Woche an den Ufern des Flusses. authors_wingklein.jpgIn Siam Reap stehen mit dem Amansara Resort und dem Grad Hotel d’Ankor zwei sich ergänzende Häuser zur ersten Disposition. Während das Amansara im Design der 60er Jahre einer der exklusivsten Anlagen Asiens verkörpert (die Anlage mit einer Kapazität von 24 Betten bewohnte bereits der alte König Sihanouk) stellt das Raffles ein Grand Hotel im Stil der kolonialen Pracht da. Beide Häuser liegen direkt gegenüber und es empfiehlt sich, beide zu besuchen. Selbst die Spas der Häuser ergänzen sich perfekt und sind zu empfehlen.

River_Barklein.jpgOb viele dem Beispiel Thomas Peters folgen werden? Das Land braucht dringend Investitionen, die Risiken sind aber nicht unerheblich. Eine schnelle und radikale Kommerzialisierung würde Einfluss auf Bevölkerung am Fluss haben. Der Schweizer betreibt in kleinem Rahmen Entwicklungspolitik und investiert einen Teil seines Geldes in ländliche Bildungsprojekte. Noch sind die in den Dörfern angebotenen Souvenirs authentisch und stammen aus eigener Produktion vor Ort. Vier größere Brückenvorhaben der Regierung, eine kritische Entwicklung des Wasserstandes durch den Klimawandel sowie chinesische Staudammprojekte im Nordverlauf des Mekong stellen unbekannte Anforderungen an die Größe der künftigen Schiffe. Gesicherte Planungsdaten selbst für die wichtigsten Projekte gibt es nicht. Die Tourismusbranche hat keine Lobby in Kambodscha und nicht jede Entscheidung der Politik wirkt abgestimmt oder nachvollziehbar. Auch hat sich die Korruption seit der kommunistischen Herrschaft bis heute kaum verringert. Park_Hyatt_Saigon_view.jpgDie MS Jayavarman aber zeigt Flagge und die Erinnerungen an eine Reise zwischen restaurierter, kolonialer Pracht und einem noch ungeschminktem Blick auf die aktuelle Realität der Khmer des Mekongs sind substantiell. Schon Franz Lehár wusste bereits vor fast 100 Jahren Bescheid, als er den Zauber Südostasiens und seine Folgen für die Gäste aus dem Abendland bis heute gültig beschrieb: „Dein ist mein ganzes Herz“

 

 

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