Das neue Mandarin Oriental in der Rue St. Honoré setzt Maßstäbe für eine moderne Interpretation luxuriösen Wohnens
Schon der erste Anblick nimmt gefangen. Das Haus aus den 30er Jahren atmet noch die Mischung aus seiner Bauhaus und Art Deco Architektur. Es wirkt wie ein moderner Solitär in der Reihe der vielen Gründerzeitbauten dieser noblen Straße im ersten Pariser Bezirk. Lange hatte Mandarin Oriental gewartet, bis sich das Management sicher war, ein geeignetes Haus in Paris gefunden zu haben. In keiner Metropole hängt der Maßstab derart hoch wie hier. Lage und Grundsubstanz müssen vom Feinsten sein, um sich auf höchstem Niveau dem internationalen Wettbewerb zu stellen. Schließlich ist ein Großteil der Pariser Palasthotels nicht mehr in französischer, sondern arabischer Hand und umfangreiche Investitionen sind in der Regel kein Problem. Nicht Kleckern, sondern Klotzen kann hier nur die Devise heißen, und in der Tat hat sich die lange Renovierungszeit gelohnt.
Erst öffneten das Royal Monceau und das Shangri-la gegen Ende des letzten Jahres, und nun hat Paris ebenfalls ein Mandarin Oriental, nicht weit vom legendären Hotel Costes und dem Concept Store Colette in der Rue Saint Honoré entfernt gelegen. Gegenseitig versuchen die Paläste, sich nun an Luxus und Exklusivität zu übertreffen.
Auch der erste Schritt nach Eintritt in die Lobby mit einem Blick direkt in einen begrünten Patio und die Inneneinrichtung unter Ägide von Sybil de Margerie, überzeugt. Dekorationen im Raum heben die Stimmung. Die Preise für die Hotelzimmer sind momentan die teuersten der Stadt und beginnen bei 800,– Euros pro Nacht. Allerdings verfügt das Haus auch mit ca. 42 qm über die durchschnittlich größten Zimmer der Stadt. Die Penthouse Suite
Die Zimmer sind sicher die aktuell modernsten der Stadt, dies gilt sowohl für den Einrichtungsstil wie auch die technischen Applikationen. Flachbildschirme bedienen Lichtsteuerung, Regelung der Temperatur und Jalousien. Die Bäder verfügen alle über separate Dusch- und Wannensegmente und sind ebenfalls sehr großzügig dimensioniert. Da haben es andere Palasthotels schwer, mitzuhalten, sofern sie nicht bereit sind, ihre Anzahl an Zimmern zugunsten großzügigerer Schnitte zu minimieren. Dies ist ein Grund, warum das Mandarin Oriental Paris eher zu den kleineren Palasthotels zählt. Hier zählt Klasse, nicht Masse. Auch wenn die Zimmereinrichtung schlicht und zurückhaltend gewählt ist, wirkt sie doch nie kühl. Akzente werden durch einzelne Farbnuancen in der Stoffwahl gesetzt, die Stoff- und Möbelwahl ist durchweg hochwertig und zeitgemäß. Die Bildauswahl erinnert an die 30er Jahre als Rahmen der Entstehungszeit des Hotels. So fühlt sich das Mandarin Oriental noch heute dem Art Deco Stil verpflichtet, ohne diesen nachzuahmen. Vielmehr gelingt eine zeitgemäße Interpretation an der Schwelle zum 21. Jahrhundert, die im Besonderen jüngere, wenn auch wohlhabende, Zielgruppen ansprechen wird.
Doch für alle, die nur ein kleines Stück des unbegrenzten Luxus im Visier haben, sei ein Besuch des Bistro Restaurants Camélia im Erdgeschoss, angelegt um eine Barküche und farblich ganz in Beige eingerichtet, empfohlen. Das Restaurant wird ebenso wie das restaurant gastronomique von Thierry Marx geleitet. Der Zwei-Sterne Koch, der zuletzt lange in Asien lebte und mit der Philosophie von Mandarin Oriental vertraut ist, kochte zuvor in Bordeaux und gilt als Avantgardist der französischen Küche. Vor allem im Camélia gilt ein attraktives Preisleistungsverhältnis.
Das kleine Restaurant ist meist voll und eine Reservierung sei dringend empfohlen. Selbst Catherine Deneuve, die Grande Dame des französischen Films, geht hier im Bistro Restaurant ein und aus. Der Spa des Hotels zählt zu den modernsten der Metropole; über 900 qm erstrecken sich diverse Massageräume und eine Indoor Poolanlage.
Viel ist in den beiden letzten Jahren diskutiert worden, ob Paris noch weitere Palasthotels im Fünf-Sterne plus Segment vertragen kann. Das Mandarin Oriental hat gezeigt, dass die Antwort auf diese Frage von der strategischen Ausrichtung des Hauses und seinem Stil abhängt. Der Erfolg des neuen Hotels in der Rue St Honoré hängt von seiner großen Komplementarität im Vergleich zu den etablierten Häusern ab. Es ist eine vorzügliche Wahl.